Waldführung am 3. Juli im Weidener Westen
Dank einer überwältigenden Mehrheit an Weidener/innen konnten die Teilnehmenden der BN Wald-Führung durch intakten Wald statt durch Baustellen spazieren. Hans Babl, Vorsitzender der Bund Naturschutz-Kreisgruppe Neustadt-Weiden und Revierleiter, erzählte im Kiefern-Mischwald, was Waldumbau bedeutet, welche Schwierigkeiten und welche Zukunftsperspektiven es gibt. Die Führung wurde nebst Vogelgezwitscher und Laub Rascheln von sonntäglichen Fluglärm des Flughafens Latsch begleitet.
Am Startpunkt der Führung nahe der Schießanlage trafen die rund zwanzig Teilnehmenden auf die erste Überraschung: Amerikanische Roteichen. Diese wurden zusammen mit Eichen, Hainbuchen und Linden vor 50 Jahren als Unterbau von Kiefern gepflanzt. „Ein Experiment.“, wie Hans Babl einräumt. Mittlerweile hat sich die Amerikanische Roteiche gut vermehrt.
Experimente dieser Art sind mit Blick auf die Klimakrise ein wichtiger Baustein. Den Waldumbau hilft gegen die Klimakrise, obschon Hans Babl klarstellt, dass Waldumbau allein nichts helfen wird. „Wenn wir nicht an anderer Stelle auch noch handeln, wird der Wald bei zunehmender Erderhitzung nicht erhalten bleiben, egal wie vielfältig er ist.“
Die Erkenntnis, die die Teilnehmenden über die zweistündige Führung erhielten war, dass ein gesamtheitlicher Waldumbau nicht in zehn Jahren funktionieren kann: Schmächtig wirkende Eichen mit einem Alter von 50 Jahren, ein letzter Fleck Buchenwald mit 100 Jahren. Zeiträume von zehn oder 20 Jahren sind im Wald ein Wimpernschlag, wie Hans Babl verdeutlichte. Dadurch wurde auch klar, warum ein junger Wald Jahrzehnte braucht, um Kohlenstoff oder CO2 zu binden, wie es ein alter Wald kann.
Die Klimakrise verstärkt die Schwierigkeiten im Waldumbau, die von mangelndem Personal, mangelnden finanziellen Mitteln und im Grunde von mangelnder Wertschätzung für dieses faszinierende Ökosystem geprägt sind. In einem Kiefernmischwald, wie er im Westen Weidens steht, ist in den kommenden zehn Jahren mit klimabedingten Ausfällen von zehn bis 15 Prozent zu rechnen v. a. bei der Fichte. In einer „Plantagenwirtschaft“, wie Hans Babl die Fichtenmonokulturen in weiten Teilen Deutschlands bezeichnet, wird es wohl Totalausfälle durch Sturm Trockenheit und Borkenkäfer geben. Dies zeigt, dass Waldwirtschaft nicht auf schnellen Profit funktioniert, sondern nur mit Weitblick. Doch immer noch findet zu wenig Wertschätzung statt, was an geringen Personalstämmen und Fördermitteln zu sehen sei.
Besonders für Weiden ist der Wald im Westen wichtig, da fast die Hälfte des hiesigen Niederschlags in Wäldern entsteht. Die Weidener/innen wissen wohl, wie trocken die letzten Jahre waren und wie froh man über mehr Regen sein könnte.
Auch deswegen ist der Fortbestand des Waldes ein wichtiger Schritt gewesen. Denn der Bürgerentscheid 2020 gegen ein Gewerbegebiet Weiden West IV mitten im Wald war ein Signal mit bundesweiter Strahlkraft.
Versteckt im Wald an der Schweinenaab ging es in einer Station der Tour ebenfalls zur Streuwiese. Mittlerweile gibt es zahlreiche Freiflächen entlang der Schweinenaab, die dem Biber und zahlreichen Begleitarten als Lebensraum dienen. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts waren diese Flächen durch die traditionelle landwirtschaftliche Bewirtschaftung Hotspots für Artenvielfalt. Durch die Bemühungen von Hans Babl liegen solche Hotspots heute wieder vor: Blutweiderich, Gilbweiderich, Mädesüß, Binsen, Kreuzotter, Schmetterlinge und allerhand selten gesehene Insekten durften die Teilnehmenden bestaunen. Hans Babl betonte, dass diese Streuwiesen ein künstlicher Zustand seien. Würde man die Fläche sich selbst überlassen, würde dort schließlich ein Erlenbruchwald wachsen. Der Biber ist ein Wasserbauer und Garant für Stabilität von Ökosystemen. So beginnt an regenreichen Tagen die Schweinenaab zu mäandern. Durch Überschwemmungsflächen wird der Grundwasserspiegel genährt, da mehr versickern kann. Mit Blick auf Regensburg und Passau tragen solche Rückstauflächen zum effektiven und dezentralen Hochwasserschutz bei. Allerdings, so betont Hans Babl, sei nicht zu leugnen, dass Biber auch in Konflikte involviert seien, besonders wenn Einleitungen von Regenwasser z.B. aus Gewerbegebieten in vom Biber bewirtschaftete Gewässer treffen.
Am Ende der Führung wurde eine Esskastanien Pflanzung begangen, wo Rehe und Wildschweine einen großen Teil Jungpflanzen verputzt hatten. Doch einzelne Exemplare durften die Teilnehmenden bestaunen. Hans Babl schätzt, dass in 20 Jahren wohl erste Esskastanien reif zur Ernte seien. Waldumbau dauert eben seine Zeit und macht daher Waldbestände besonders schützenswert. Die alten Bestände seien wichtig als Kohlenstoffsenke und als Schutz für junge Bäume die dort besser gedeihen als auf abgeholzten Flächen.